Wie gelingt Papa oder Mama sein trotz Trennung? Welche Bilder von Mütter und Vätern haben wir unbewusst aus der eigenen Kindheit übernommen? Und wie kann man auch nach einer Trennung weiterhin fest an der Seite seines Kindes stehen? Es sind Fragen, die viele Trennungseltern umtreiben und denen sie den nötigen Raum geben sollten. Denn Antworten findet man am besten, wenn man sich ganz bewusst Zeit für diese Gedanken nimmt. In diesem Artikel findest Du eine Anleitung zur Selbstreflexion, die Dich dabei unterstützen soll, die Vision eines Vaters oder einer Mutter zu werden, die Du für Dein Kind sein möchtest.
Warum es sinnvoll ist, sich mit dem eigenen Vater- und Mutterbild auseinanderzusetzen
Kinder verbinden uns in besonderer Weise mit unserer eigenen Kindheit. Wenn wir Eltern werden, wird unsere eigene längst vergangene Kindheit auf „on“ geschaltet. Wir halten unser Kind im Arm oder sehen es vor uns mit erwartungsvollem Fragen und plötzlich erinnern wir uns an unsere eigenen Erfahrungen in diesem Alter. Mit allem Drum & Dran. Wir gestalten unsere Gegenwartsfamilie also immer vor der Kulisse unserer Herkunftsfamilie.
Zum Glück wiederholt sich nicht alles. Die Geschichte der Gegenwart schreibst Du. Du kannst als Erwachsener neue Wege finden, mit den Herausforderungen Deiner Kindheit umzugehen. Damit Du heute und in Zukunft kraftvoll an der Seite Deines Kindes stehen kannst.
Nimm Dir deshalb Zeit für die folgenden Gedanken. Und widme ihnen einen Spaziergang oder einen freien Abend im Monat. Wie wäre es zum Beispiel mit dem monatlichen Datum des Tages, an dem Dein Kind seinen Geburtstag hat? Ein fester Termin kann Dir helfen, Deine Aufmerksamkeit gezielt auf Deine Gedanken zu lenken.
Schritt 1: Richte den Blick zunächst in die Vergangenheit Deiner Kindheit.
- Stelle Dir einen Werbespruch über Deine Herkunftsfamilie auf einem Plakat vor. Wie würde ein passender Slogan aussehen: Mein Vater / Mutter ist / war wunderbar, wenn / weil…
- Stelle Dir einen Warnhinweis über Deine Herkunftsfamilie auf einem Straßenschild vor. Wie würde dieser lauten? Mein Vater / Mutter ist / war eine echte Herausforderung, wenn / weil…
- Stelle Dir ein Fotoalbum über Deine Herkunftsfamilie vor. Welche Väterbilder oder Mütterbilder aus Deiner Kinderzeit, aus Büchern, Kinofilmen oder TV-Serien wären dort gesammelt?
Schritt 2: Blicke nun ins Hier und Jetzt Deiner Gegenwartsfamilie.
Der Schweizer Psychoanalytiker C.G. Jung ging davon aus, dass bestimmte universelle Menschheitserfahrung tief in uns gespeichert sind. Diese inneren psychischen Anteile bezeichnet Jung als Archetypen. Es handelt sich um universale Kategorien, die über kulturelle Manifestationen ihre Wirkung auf unsere Psyche entfalten. Wir begegnen ihnen in Form von Symbolen in Mythen, Märchen, unseren Träumen, und auch in der Religion, Kunst und Literatur.
Übersicht Archetypen
- Der Liebende
- Der Kämpfer
- Der Weise
- Der König
- Überlege, was als Vater oder Mutter Deine Filmrolle wäre, wenn über Deine Gegenwartsfamilie ein Kinofilm gedreht würde? Wärst Du Liebender? Kämpfer? Weise? König?
- Was bräuchte es, damit Du ab und zu auch eine der anderen Rollen übernehmen kannst?
Jeder Archetyp hat positive wie negative Seiten. Das Geheimnis einer gesunden elterlichen Fürsorge besteht darin, allen vier Archetypen Raum zu geben. Mehr dazu hier.
Schritt 3: Richte den Blick nun in die Zukunft Eurer Trennungsfamilie.
- Überlege, wer als Vater oder Mutter noch heute ein echtes Vorbild für Dich ist? Was beeindruckt Dich an dieser Figur?
- Suche Dir eine aktuelle Frage, bei der Du Dich als Vater oder als Mutter nach der Trennung positionieren musst. Geh nun in einen gedanklichen Dialog mit Deinem Vorbild. Was wird er/sie Dich fragen? Was wird er/sie Dir raten? Womit wird er/sie Dich ermutigen und stärken?
- Überlege, was Dein nächster pragmatische Schritt als Vater oder Mutter für Dein Kind sein wird?
- Schreibe einen Brief an Dich selbst, in dem Du an denjenigen erinnerst, der in seiner Art, Vater oder Mutter zu sein, noch heute für Dich ein echtes Vorbild ist. Benenne darin auch Deinen nächsten konkreten Schritt, den Du als Vater oder Mutter für Dein Kind gehst. Verschließe den Brief im Anschluss in einen an Dich selbst adressierten Briefumschlag und sende ihn Dir nach ein paar Tagen per Post zu.
Jeder Mensch verfügt über ein Entwicklungspotential. Du musst nicht perfekt sein. Und doch kannst Du stetig an Dir arbeiten, Dich verändern und weiterentwickeln, um als Vater oder Mutter auch nach einer Trennung fest an der Seite Deines Kindes zu stehen.
Papa oder Mama sein trotz Trennung. Das kann gelingen. Wir wünschen Dir eine erfolgreiche Spurensuche auf dem Weg zu Deiner ganz eigenen Vision eines Vaters oder einer Mutter, die Du für Dein Kind sein möchtest!