++ NAMENSÄNDERUNG++ Wir sind Die Familienhandwerker, vormals bekannt als Mein Papa kommt und Meine Mama kommt ++

Um eine Trennung zu verarbeiten und das Kind bei dieser Erfahrung und Verabschiedung der bisherigen Familienform einfühlsam zu begleiten, können die folgenden fünf Schritte helfen. Dabei geht es nicht um die Veränderungen des Paars und der alten Beziehung, sondern um die Veränderung zwischen Eltern und ihren Kindern und wie diese schwierige Zeit gemeinsam bewältigt werden kann.

Die schweizerisch-US-amerikanische Psychiaterin Elisabeth Kübler-Ross befasste sich Ende der 60er Jahre als Erste mit Abschied und Trauerarbeit. Ursprünglich beschreiben ihre sogenannten 5 Phasen der Trauerverarbeitung den Trauerprozess von Sterbenden und ihren Angehörigen. Heute wissen wir, dass diese Phasen nicht nur den Sterbeprozess betreffen: Sie begegnen uns in abgeschwächter Form auch im Alltag und in allen Zeiten von Lebensübergängen, in denen Erwachsene oder Kinder gefordert sind, Vertrautes loszulassen. Eltern, die sich trennen, durchleben diese typischen Phasen mit individuellen Abweichungen, Wiederholungsschleifen und in ihrem eigenen Tempo, die es nun zu verarbeiten gilt – vor allem, wenn gemeinsame Kinder im Spiel sind. Diese einzelnen Schritte können unterschiedlich lang andauern und intensiv sein – doch jeder Weg einer Trennung führt früher oder später schließlich zur Akzeptanz und zu einem Neuanfang:

  1. Die Trennung nicht wahrhaben wollen
  2. Emotionen wie Wut, Angst und Trauer zulassen
  3. Kompromisse und Vereinbarungen treffen 
  4. Trotz Rückschlägen nach vorne blicken
  5. Akzeptanz – Es darf vorbei sein

Phase 1: Das Nicht-Wahrhaben-wollen

Wenn jemand bei einem Unfall eine schwere Verletzung hat, gibt es ein seltsames Phänomen: Anfangs spürt er den großen Schmerz nicht. Der Körper schaltet alle Wahrnehmungen soweit aus und schafft einen Schutzraum, damit möglichst viel Kraft gesammelt wird, um ein „Notprogramm“ zum Überleben zu mobilisieren. So verhält es sich auch bei einer Trennung oder Scheidung.

Zunächst versuchen Betroffene bei einer Trennung, das Familienleben einfach so weiterzuleben, als sei gar nichts geschehen. Das ist eine natürliche Reaktion und das ist erstmal gut so. Denn Verdrängung kann ein erster hilfreicher Schritt sein, um sich vor emotionaler Überlastung zu schützen. Das Nicht-Wahrhaben-Wollen zu Beginn einfach zuzulassen, stärkt wertvolle Kraftreserven, um anschließend die nächsten Schritte gehen zu können.

Eltern und Kinder brauchen dafür unterschiedlich Zeit. Es kann also sein, dass der eine Elternteil diese Phase bereits innerlich abgeschlossen hat, während der andere die Veränderung der bisherigen Familienform noch gar nicht wahrhaben kann. Vielen Eltern fällt es außerdem schwer, ihren Kindern den Schmerz der gescheiterten Beziehung zumuten zu müssen. Denn Kinder spüren, was los ist. Es hilft nichts, auf lange Sicht eine „heile Welt“ zu inszenieren.

Phase 2: Die Wut – Emotionen wie Wut, Angst und Trauer zulassen

Die zweite Phase ist besonders herausfordernd. Während eines der Geschenke einer gelingenden und glücklichen Beziehung war, sich in Gegenwart des Partners auch den eigenen verdrängten Gefühlen stellen zu können, ist man nach einer Trennung auf sich allein gestellt. Da kann es vorkommen, dass einen Ängste, Wut und tiefe Trauer einholen. Sich dabei auf die Wut zu fokussieren kann jedoch helfen, um sich vom Trennungsschmerz zu erholen.

Erwachsene und Kinder haben bei einer Trennung oftmals Angst davor, nun allein zu sein oder verlassen zu werden. Nicht zuletzt erinnert man sich während der aktuellen Trennungserfahrung auch an frühere Verlusterfahrungen im Leben. So ringen Eltern wie nie zuvor um die eigene innere Stabilität und fragen sich zugleich, wie dem Kind die Gewissheit der Zugehörigkeit des früheren Familienlebens erhalten bleibt. 

Diese Phase der Trennungsverarbeitung hält viele Verlockungen bereit, um den Gefühlen von Trauer und Schmerz auszuweichen. Es ist wichtig, die eigene Wut in dieser Phase nicht zu unterdrücken und auf gesunde Weise auszudrücken: Ein Gespräch mit Freunden, das Niederschreiben von Gedanken oder körperliche Betätigung. Dabei vermieden werden sollte definitiv eine hasserfüllte Kommunikation mit dem Ex-Partner – vor allem nicht vor den Kindern.

Phase 3: Das Verhandeln – Kompromisse und Vereinbarungen treffen

Es scheint ein Moment der Ruhe und Entspannung einzukehren – so langsam lernt man das Ende der bisherigen Familienform zu akzeptieren. Eine einvernehmliche Trennung sowie konstruktive Vereinbarung des zukünftigen Elterndaseins sind mittlerweile zum Greifen nahe.

Jedoch kann diese Situation auch schnell wieder kippen und mal nicht alles so funktionieren, wie man es sich vorgestellt hat. Der Unterhalt, Umgang und die Übernachtung des anreisenden Elternteils brauchen dann wieder neue Regelungen. Wichtig ist hier, weiterhin kompromissbereit zu sein und auf einer respektvollen Basis zu kommunizieren.

Phase 4: Die Erschöpfung – Trotz Rückschlägen nach vorne blicken

Selten wird uns die Endlichkeit unseres Lebens so bewusst wie zum Ende einer Beziehung. Die Gewissheit auf eine gemeinsame Zukunft, „auf ewig“ mit einem anderen Menschen verbunden zu bleiben, ist verloren und künftige Bindungen werden nun als „Geschenk auf Zeit“ wahrgenommen. Es gibt allen Grund zur Trauer oder sogar eine Art Depression in solch einer schlechten Zeit.

Das ersehnte Wiedersehen mit dem Kind ist für den anreisenden Elternteil mit großer Freude und zugleich schmerzvollen Gefühlen und gebrochenem Herzen verbunden. Für Eltern und Kind ist es immer auch eine Rückkehr an den Ort der Trennung und eine Wiederholung von Abschiedsszenen und die Ungewissheit, ob die Beziehung zwischen anreisendem Elternteil und Kind unter den neuen Rahmenbedingungen hält. 

Auch hier scheint es verlockend, Fluchtwege aus der Trauer zu suchen. Aber es lohnt, diese Phase der Trennungsverarbeitung auszuhalten und – vielleicht mit professioneller Unterstützung – mit den eigenen Gefühlen in Verbindung zu bleiben. Selbst wenn dazu Schmerz, Wut oder Trauer gehören. Nur so stärken Eltern in dieser turbulenten Zeit das Vertrauen des Kindes in sich und andere. 

Phase 5: Die Akzeptanz – Es darf vorbei sein

Allmählich wendet sich der Blick in eine neue Richtung. Die alten Muster von Macht, Abhängigkeiten oder Grenzüberschreitungen gehören zunehmend der Vergangenheit an. Die Unterscheidung zwischen früherer Paarebene und jetziger Elternebene wird immer deutlicher. Man hat akzeptiert, dass das bisherige Familienleben und die gemeinsame Zukunft zu Ende geht und findet Wege, die Familiengeschichte anzunehmen. Dies birgt auch die Chance, sich auf neue Weise mit dem Kind zu verbinden. Man beginnt schließlich, die nächsten Schritte in eine neue Zeit zu organisieren.

Grundsätzlich ist es wichtig, dass Eltern gut für sich selbst und ihre Kinder in dieser schwierigen Zeit sorgen. Ein Kind braucht einen gestärkten Papa und eine gestärkte Mama. Nur so kann man Schritt für Schritt die Trennung verarbeiten und gemeinsam überstehen und wieder in eine glückliche Zukunft blicken.

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