Durch die Trennung der Eltern verlieren Kinder an Sicherheit. Egal wie alt sie sind. Trennungserfahrungen sollten daher in jedem Lebensalter gut begleitet werden. Schulkinder müssen die Erfahrung machen, dass sie trotz allem mit Mama und Papa gut verbunden sind und Jugendliche brauchen das sichere Gefühl, dass ihre Eltern auch nach einer Trennung zuverlässig für sie in Rufnähe bleiben. In diesem Artikel geben wir Tipps, wie Getrennterziehende ältere Kinder und Jugendliche gut durch die Trennung begleiten und ihnen in der Trennungszeit Halt geben.
Wenn Schulkinder Trennungserfahrungen machen
Schulkinder entwickeln zunehmend eine eigene kleine Persönlichkeit mit eigenen Ideen und Vorstellungen. Dazu gehört auch, dass sie Dinge manchmal anders sehen als ihre Eltern und dabei die Erfahrung machen, dass sie trotzdem mit ihnen verbunden bleiben. Durch die Trennungserfahrungen fehlt es den Kindern jedoch oft an Sicherheit. Aus dem „Ich sehe das anders als Du. Aber wir gehören zusammen“ droht zu werden „Ich sehe das mal besser genauso wie Du. Dann bin ich sicher, dass Du noch da bist“.
Infolge der Trennungserfahrungen werden manche Kinder überangepasst. Das kann dazu führen, dass sie sich ablehnend gegenüber dem anderen Elternteil verhalten, um sich selbst vor weiteren Verlusterfahrungen zu schützen. Andere Kinder werden traurig und depressiv und kommen in der Schule nicht mehr mit. Und schließlich gibt es Kinder, die sich völlig überfordern, sich verantwortlich für das Wohl ihrer Eltern fühlen und es zu Höchstleistungen bringen, um irgendwie die Eltern zu entlasten.
Und so werden Eltern ihrem Kind erklären, dass es gut und richtig ist, wenn es neben den Erklärungen von Vater und Mutter die eigenen Gefühle und Ansichten zur Trennung der Eltern hat. Was ein Kind nämlich braucht, sind Werkzeuge, um Eltern, Freunden oder wem auch immer ihre ganz eigene Sicht der Dinge zu schildern und sich gleichzeitig sicher zu sein, „Mama und Papa bleiben an meiner Seite.“ Wie kann das gelingen? Zum Beispiel mit einem Mitmach-Bilderbuch. Keines zum Vorlesen, sondern ein Buch zum Malen und Kleben.
Ein Mitmach-Bilderbuch für Trennungskinder
- Besorg Dir im Schreibwarenhandel einen Din-A4-Spiralblock ohne Linien.
- Schlage den Block in der Mitte auf. Hier, in der Mitte bleibt die Doppelseite frei und bekommt auch keine Seitenzahlen.
- Blättere nun von der Mitte her einmal nach links in Richtung Blockanfang vor. Auf die rechte Seite schreibst Du mit einem blauen Stift am unteren Rand eine kleine „1“. Fahre mit der Nummerierung fort, bis Du am Anfang Deines Blocks angelangt bist. Die Hälfte ist geschafft. Nun geht es zurück in die Buchmitte.
- Blättere nun von der Mitte her nach rechts. Du nummerierst die Seiten nun mit einem roten Stift am unteren Rand auch hier mit einer „1“ beginnend, bis Du am Ende des Buches angekommen bist.
- Und nun kann es am nächsten Umgangswochenende losgehen mit dem Mitmach-Bilderbuch für Dein Kind. Zusammen mit Deinem Kind beginnt ihr Euer Buch in der Mitte. Auf die leere Doppelseite malst Du zusammen mit Deinem Kind ein großes doppelseitiges Herz. Es breitet sich dort gleichmäßig über die linke und die rechte Seite aus.
- Und nun blätterst Du von der Mitte aus um nach links auf die blau nummerierten Seite „1“. Dort klebt ihr ein Foto von Dir und Deinem Kind ein. Oder Ihr malt es.
- Daneben auf der blau nummerierten Seite „2“ klebt ihr ein Foto von Deinem jetzigen Haus oder Wohnung ein. Oder ein Foto vom Ortsschild Deines Wohnorts. Oder einen Landkartenausschnitt. Fortlaufend auf den anderen blau nummerierten Seiten können immer neue Bilder dazu kommen von dem, was Dein Kind mit Dir erlebt hat oder von dem, was Dich ausmacht und einfach typisch „Papa“ oder typisch „Mama“ ist.
- Die rot nummerierten Seiten bleiben frei für den anderen Elternteil, sind aber letztlich genauso aufgebaut.
- Und wenn Ihr wollt, findet sich zwischen allen Bildern auch ein eingeklebter Briefumschlag, in dem auf Zetteln kleine Botschaften für Dein gesammelt werden. Dein Kind wird sich erinnern können. Was war das Schönste, was Du mal zu Deinem Kind gesagt hast? Gibt es solche ermutigenden Sätze?
So begleitest Du Jugendliche durch die Trennungszeit
Trennungserfahrungen sind in jedem Alter herausfordernd. Ein älteres Kind hat zwar bessere Schutzmechanismen und kann sich bei seinen Freundinnen und Freunden Hilfe und Zuspruch holen, eine Trennung der Eltern löst aber auch bei Jugendlichen eine tiefe Verunsicherung aus. Der Schritt, hinaus in die Welt und in ihr eigenes Leben zu gehen, ist umso schwieriger – ohne die Sicherheit, in stürmischen Zeiten zurückzukehren und im vertrauten Elternhaus Kraft schöpfen zu können. Alles, was bis dahin im Elternhaus stabil und sicher schien, wird nun auch rückwirkend auf Glaubwürdigkeit hinterfragt.
Dass Jugendliche sich zunehmend von ihrem Elternhaus lösen, ist ganz normal und gesund. Wenn sie in dieser Zeit jedoch die Trennung ihrer Eltern erleben, dann ist es anders. Sie nehmen Abschied von der Kindheit im Spannungsfeld zwischen zwei Elternhäusern. Manche Jugendliche tun sich dann schwer mit dem Loslassen. Oder das Gegenteil ist der Fall: Sie ergreifen die Flucht nach vorn und lösen sich viel zu früh von zuhause, um bloß nicht vom einem Elternteil vereinnahmt zu werden. Und manchmal brechen die Kinder den Kontakt zu einem Elternteil ganz ab. Ein Morgenkaffee am Samstag beim Bäcker um die Ecke für eine halbe Stunde ist für manche Jugendlichen dann gerade noch vorstellbar. Aber kein Papa-Tag und kein Mama-Wochenende.
Was aber, wenn alles zusammenbricht und bei jugendlichen Trennungskindern das Gefühl entsteht, allein zu sein auf stürmischer See? In solchen Momenten gilt es, ein Zeichen für Freiraum und Verbundenheit zugleich zu setzen. Ein Anker, wenn es nichts zum Reden gibt als die unausgesprochene Botschaft: „Ich traue Dir zu, dass Du es schaffst. Ich denke an Dich und ich bin da.“ Und so werden Eltern in der Trennungszeit zuverlässig in bedingungsloser Rufnähe bleiben, so wie es allen Jugendlichen guttut. Wie kann das gelingen?
Den Anker setzen in stürmischen Zeiten
Ihr braucht nicht mehr als ein Handy und eine Vereinbarung über alles Folgende:
- Wenn Dein Kind einmal in Not oder Bedrängnis ist oder einfach ein kurzes Zeichen von Dir braucht, schreibt es Dir eine Nachricht mit seinem Namen. Solch eine Nachricht bekommst Du sonst von niemandem. Du weißt also gleich, was zu tun ist. Du rufst es nämlich nicht an. Du fährst nicht hin. Du fragst nicht nach, was los ist und bietest nicht an, „die Karre aus dem Dreck zu ziehen“.
- Du antwortest ebenfalls mit einer Textnachricht, mit nichts weiter als Deinem Namen. Das kann im Wechsel wiederholt werden. Wenn Dein Kind die herausfordernde Zeit überstanden hat, beendet es Euren Dialog mit einer weiteren Textnachricht „Danke" und Du vielleicht mit einem kurzen „Gerne“.
- Dein Kind entscheidet ob und wann es Dir einmal erzählt, was eigentlich los war und ob es Dir mitteilt, warum es einen Anker brauchte. So einfach. So wirkungsstark. Und Dein Kind wird mitten in der Trennungszeit von Euch Eltern sicher sein können: „Mein Vater ist für mich da. Meine Mutter ist für mich da. Ich kann auch mal allein sein. Aber dann werde ich nicht allein gelassen. Meine Eltern trauen mir zu, dass ich meinen Weg gehe. Ich kann Verantwortung für mich übernehmen.“
Kinder gehen je nach Alter verschieden mit der Trennung ihrer Eltern um. Hast Du selbst als Kind Trennungserfahrungen gemacht? Unter Umständen sogar zu einer Zeit, als Du in einem ähnlichen Alter warst wie Dein Kind heute? Du kannst Deinem Kind bei Gelegenheit erzählen, was Dich damals gestärkt hat. Aber Deinen eigenen Anker setzt Du woanders – und nicht bei Deinem Kind. Nutze die Methode gerne in Deinem Familien- und Freundeskreis. Und auch eine therapeutische Begleitung kann Dich unterstützen, damit Du hier und heute sicher und liebevoll für Dein Kind da sein kannst.
Wie man Kinder in verschiedenen Lebensaltern nach der Trennung der Eltern begleitet - zum Nachhören als Podcast für unterwegs.