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Kind auf einem Klettergerüst - Relgionszugehörigkeit des Kindes: Wer entscheidet nach der Trennung?

Die religiöse Erziehung des Kindes kann in Trennungsfamilien zu einem heiklen Thema werden. Wer entscheidet über die Religionszugehörigkeit des Kindes, wenn die Eltern verschiedenen Religionsgemeinschaften angehören? Und wie geht man als nicht-religiöser Elternteil damit um, wenn sich der andere Elternteil eines Tages für eine Erwachsenentaufe in einer Freikirche entscheidet und das Kind nun dort zur Bibelstunde geht? Wir geben Antworten und zeigen, wie Du Dein Kind auch unabhängig vom Sorgerecht auf dem Weg zur religiösen Mündigkeit begleiten kannst.

Warum ist Religion ein so heikles Thema für Eltern?

Vielleicht wird das, was Euch Eltern untereinander trennt, bei der religiösen Erziehung des Kindes besonders deutlich. Geht es Dir um Spiritualität, um die Übergänge zwischen Tod und Leben, Leere und Erfüllung? Oder genügt es Dir, Deinem Kind einen moralischen Leitfaden an die Hand zu geben, der unser Zusammenleben regelt? Wie erklärst Du Dir die Welt? Wie erklärt sie sich der andere Elternteil? Es gibt himmelweite Unterschiede und die sind keine Nebensächlichkeiten. Und dabei sind wir so verletzbar, wenn es um Religion geht. Der andere Elternteil stellt schließlich Dein Wertesystem, Deinen inneren Code, mit dem Du Dich durch Dein Leben bewegst, infrage.

Wer entscheidet über die Religionszugehörigkeit des Kindes?

Nach § 1626 BGB sollen Eltern bei der Ausübung des Sorgerechts dafür sorgen, dass ihr Kind einmal als mündiger Erwachsener seine eigene Lebensentscheidungen treffen kann. Dazu gehört auch der Umgang mit der Religion. Denn auch wenn Religion im Familienalltag keine Rolle spielt, kommen Kinder im Kindergarten, in der Schule, bei Freunden und an Feiertagen mit Religion in Berührung. Sie ist allgegenwärtiger Teil unserer Lebenswelt. Es ist daher Aufgabe der Eltern, ihr Kind darauf bestmöglich vorzubereiten.

Beim gemeinsamen Sorgerecht entscheiden beide Eltern, ob und zu welcher Religionsgemeinschaft ihr Kind gehören soll. Ohne die Zustimmung vom anderen Elternteil ist eine Taufe, Beschneidung, Kommunion etc. dann nicht möglich. Über einen Wechsel der Religionszugehörigkeit des Kindes kann keiner ohne den anderen entscheiden und die Einigung kann jederzeit widerrufen werden. Keine einfache Aufgabe als getrennterziehende Eltern. Hat nur ein Elternteil das Sorgerecht, dann ist dieser – wie bei allen anderen weitreichenden Entscheidungen auch – verpflichtet, dem anderen unaufgefordert mitzuteilen, wenn er eine weitreichende Entscheidung für das Kind getroffen hat. Also zum Bespiel den Austritt aus einer Religionsgemeinschaft oder ein besonderes religiöses Fest für Euer Kind.

Welche Optionen gibt es im Streitfall?

Die religiöse Erziehung des Kindes wird unter anderem im Gesetz über die religiöse Kindererziehung (RelKErzG) geregelt. Wenn es zwischen den Eltern zu keiner Einigung kommt, kann die Vermittlung oder Entscheidung des Familiengerichts beantragt werden. So ist es möglich, das Sorgerecht über die religiöse Erziehung auf nur ein Elternteil zu übertragen. In allen anderen Fragen bleibt dann das gemeinsame Sorgerecht erhalten. Wenn im Streitfall ein Familienrichter entscheiden muss, erhält häufig derjenige Elternteil das Sorgerecht für die religiöse Erziehung, bei dem das Kind im Alltag lebt. Es kommt dann nicht auf dessen Religion an. Entscheidend ist, wer von beiden Eltern am zuverlässigsten für eine kontinuierliche Erziehung ohne ständige Richtungswechsel und für das Verbundensein des Kindes in seine soziale Umgebung sorgen kann.

Familienrichter können im Konfliktfall auch entscheiden, dass die Eltern bis zur Religionsmündigkeit warten und die Entscheidung dem Kind selbst überlassen. Im Einzelfall gilt es zu prüfen, was im Interesse des Kindes liegt. Zwei Beispiele aus der Rechtsprechung zeigen, dass das Kindeswohl dabei im Mittelpunkt steht. So bekräftigte das OLG Stuttgart eine Entscheidung, welcher der Mutter die alleinige Entscheidungsbefugnis über die Taufe und Kommunion ihres 9-jährigen Sohnes übertrug, nachdem das Kind mehrfach und eindeutig den Wunsch danach geäußert hatte. Der klare Wille des Kindes sei nach Beschluss des Gerichts hier zu berücksichtigen. In einem anderen Fall, wies  das OLG Karlsruhe den Antrag einer Mutter hingegen ab. Sie hatte das alleinige Sorgerecht in Fragen der religiöse Erziehung ihres 3-jährige Kindes beantragt. Das Gericht sah jedoch eine frühzeitige Integration in eine bestimmte Religionsgemeinschaft aufgrund des jungen Alters des Kindes als nicht geboten an.

Relgionsmündigkeit

Gemäß § 5 RKErzG hat das Kind mit dem vollendeten 14. Lebensjahr die uneingeschränkte Religionsmündigkeit erworben und kann selbst entscheiden, ob und welcher Religion es angehören möchte. Bereits ab dem zwölften Lebensjahr darf Dein Kind nicht mehr gegen seinen Willen in einer anderen Religion als bisher erzogen werden. Kommt es zum Streit über seine Religionszugehörigkeit, muss Dein Kind ab dem zehnten Lebensjahr vor Gericht dazu angehört werden.

Wie erziehst Du Dein Kind unabhängig vom Sorgerecht zur religiösen Mündigkeit?

Egal, ob Du über die Religionszugehörigkeit Deines Kindes mitentscheidest oder welche Religion im Alltag des anderen Elternhauses gelebt wird: Die Verantwortung, Deinem Kind ein Navi im Umgang mit Religionen und Sinnfragen mitzugeben, liegt auch weiterhin bei Dir. Lebe Deinem Kind deshalb einen wertungsfreien und achtsamen Umgang mit Religion vor. Religion erfüllt erst das Kindeswohl, wenn sie zur Mündigkeit ermutigt. Es braucht nicht viele Worte oder große Gesten, damit Dein Kind an den Umgangstagen einen achtsamen Umgang mit Religion erlebt. Im Alltag sind es vielmehr die kleinen Zeichen, mit denen Du Dein Kind begleitest. Das gilt auch für die Gestaltung der traditionellen Jahresfeste.

Und auch, wenn Dich die eigene Entscheidung Deines älteren Kindes, aus der Kirche aus- oder einzutreten, komplett irritiert, kannst Du mit ihm feiern. Einfach, weil es gewagt hat, eigenständig eine weichenstellende Entscheidung zu treffen. Denn es gibt eine Richtschnur, die nicht verhandelbar ist: Das Kindeswohl hat immer Vorrang. Auch, wenn es um Gott & die Welt geht.

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