Umgangsbesuche am Wochenende gehören für viele inzwischen mehr zur Realität als der Kirchgang. Und doch können wir es kaum fassen, wenn wieder einmal ein Umzugswagen bei einer Familie vor der Tür steht.
Damit auf die Trennung des Elternpaares nicht auch noch die Trennung vom Kind folgt, muss nun der Umgang geregelt werden. Im Interesse des Kindeswohls kann der umgangsberechtigte Elternteil nicht auf die Ausübung des Umgangsrechtes verzichten und ist sogar zum Umgang verpflichtet. Egal, wie weit die monatliche Reise zu seiner Dreijährigen ist.
Umgang mit Gefühlen
Umgangsrecht und Besuchsrecht meint das Gleiche. Im Gesetz wird einheitlich das Wort Umgangsrecht benutzt, weil eben gerade nicht nur Besuche des Kindes stattfinden sollen. Eltern erinnern zu Recht daran, dass sie für das Kind kein Besuchsvater oder Besuchsmutter sein wollen. Mancher fühlt sich sonst wie ein entfernter Onkel, der zu besonderen Anlässen vorbeischaut und mehr oder weniger geduldet ist, weil er irgendwie zur Verwandtschaft gehört. Das klingt nicht gerade nach Wertschätzung und vertrauter Nähe. Der juristische Begriff „Umgang“ nähert sich der einzigartigen Verbindung zum Kind. Aber was für ein Wort! Was versteht wohl ein Kind unter dem Begriff Umgang? Ein Umgang mit Papa oder Mama ist auch nicht viel besser als sein Besuch, oder?
Und auch uns fehlt in dem juristisch korrekten Begriff Umgang der Herzschlag. Wie wollen wir von väterlicher oder mütterlicher Bindung reden angesichts der Erfahrung, wie instabil Bindungen sein können? Nach der Trennung oder Scheidung verschlägt es wohl allen erst einmal die Sprache. Es gibt wohl Zeiten, in denen ein Besuch des Vaters für das Kind erst einmal tatsächlich „kein guter Umgang“ ist. Für alle anderen aber ist zu wünschen, dass die gemeinsame Zeit der beste Umgang ist, den sie sich nur wünschen können.
Die Trennung des Elternpaares ist für alle Familienmitglieder eine Zeit großer Emotionen. Umgang ist weder einfach nur „zu regelnder Umgang“, noch ein Besuch. Umgang ist eine Herzenssache. Warum reden wir dann trotzdem so paragraphennüchtern vom „Umgangsrecht“, während es doch um den zweijährigen Elias geht, der seinen Papa nach fünf Stunden Anreise in verdreckten Gummistiefeln begrüßt?
Umgang mit dem Umgangsrecht
Vielleicht umgehen wir mit dem nüchternen Begriff Umgang das Wagnis, zu fühlen. Gefühle von Schuld und Versagen, Verlassensein und Angst angesichts der Erschütterungen, die eine Trennung bei Vater, Mutter und Kind mit sich bringt. Etliche Väter und Mütter haben noch dazu selber in ihrer Kindheit schon die Trennungsgeschichte ihrer eigenen Eltern erlebt. Oft bleibt da angesichts der eigenen Verletzungen kaum Raum, um die Bedürfnisse des eigenen Kindes wahrzunehmen und zu verstehen. Unvorstellbar erscheint gänzlich, den Umgang nun auch noch ausgerechnet mit demjenigen regeln zu müssen, dem man eigentlich nur noch aus dem Weg gehen möchte. Vielleicht ist es da doch hilfreich, dass es die nüchterne Formulierung eines „Umgangsrechtes“ nach § 1684 Absatz 1 BGB gibt.
Kinder aber fragen so lange, bis sie ihre Welt verstehen. „Wie viel Taschengeld gibt es im Kindergarten? Warum fällt Regen nach unten? Und was ist noch mal Umgang?“ Nennen wir`s doch beim Namen! Googelt man Synonyme für Umgang, findet sich: „Verbindung“, „Brückenschlag“, “Berührung“, „Bindung“… Das Umgangsrecht ist also ein „Recht auf Brücken, Berührung und Verbindung“. Wunderbar! Schon hört sich § 1684 Absatz 1 BGB für Kinderohren warmherziger an!