Das Alte zurücklassen und nochmal ganz von vorne anfangen, das wird nach einer vorherigen Trennung mit Kind nicht gehen. Ein Baby mit neuem Partner oder neuer Partnerin ist kein Neustart, sondern das zweite Kapitel in der Familiengeschichte. Und so wird das Familienleben von Trennungskindern mit der zweiten Familiengründung gehörig ins Wanken geraten. Was bedeutet ein neues Baby für die Umgangstage? Und wie hilft man seinem Kind, über die neue Familiensituation nicht den Halt zu verlieren? In diesem Artikel geben wir Antworten.
Was bedeutet ein Baby mit neuem Partner für Trennungskinder?
Für Erstgeborene ist es bekanntermaßen herausfordernd, wenn ein Geschwisterkind unterwegs ist. Aber bei Trennungskindern werden Verlustängste in besonderer Weise aktiviert:
„Schon wieder soll sich alles ändern? Hört das denn nie auf?“
Und vor allem die große Sorge:
„Kommst Du trotzdem noch am Wochenende zum Spielen zu mir? Oder bin ich Dir jetzt egal?“
Unter Umständen wir dem Kind erst jetzt bewusst, dass die Trennung der Eltern endgültig und nicht mehr rückgängig zu machen ist. Womöglich fühlt es sich nun, da ein Elternteil eine „neue“ Familie hat, sogar verpflichtet, den Umgang abzulehnen und am Wochenende lieber beim anderen Elternteil zu bleiben. Und versucht so auszugleichen, was ungleich verteilt scheint, denn keiner soll alleine sein.
Die Familie – das wart bis jetzt ihr als Getrennterziehende und Euer Kind. Nun aber gibt es eine zweite Familie. Jeder der Erwachsenen hat in all dem seine Rolle und seinen festen Platz. Selbst für das neue Baby ist klar, in welchem Haus es am Abend sein Bettchen hat. Trennungskinder aber werden an den Umgangstagen nun nicht mehr nur zwischen beiden Elternhäusern wechseln. Als einziges Familienmitglied wandeln sie beständig zwischen zwei Familienwelten mit all ihren Brüchen und Übergängen hin und her.
Das kann man durchaus auch positiv betrachten. So argumentiert der dänische Familientherapeut Jasper Juul, dass das Kind auf diese Weise die Widersprüchlichkeiten des Lebens kennenlernt und zugleich in jeder der beiden Familienwelten einen Menschen vorfindet, den es liebt, nämlich Mama und Papa. Aus Juul`s Sicht der beste Weg, um eines Tages mit Toleranz und Offenheit hinaus in die Welt zu gehen.
Wie spreche ich mit Trennungskindern über den Familienzuwachs?
Du bist eine neue Partnerschaft eingegangen, ihr erwartet ein Baby und nun stehst du vor der Herausforderung, es Deinem ersten Kind zu sagen. Wenn sich in eurer Familie etwas verändert, dann sollten Kinder das von den Personen erfahren, die ihnen Halt geben. Kinder müssen sich dabei auf die elterliche Wahrhaftigkeit verlassen können. Du wirst mit ganzer Achtsamkeit gefordert sein. Sprich offen mit Deinem Kind über Eure Familiengeschichte. Zeige Deinem Kind, dass es immer seinen Platz in Deinem Herzen behalten wird.
Ein vertrauensvolles Miteinander braucht Transparenz und keine Geheimnistuerei. Kinder sollten weder Geheimnisträger noch Boten der Nachricht über die Familienveränderung sein müssen. Es ist deshalb auch die Aufgabe des Erwachsenen, den anderen Elternteil über die Veränderung in Eurer Familie zu informieren.
Wie bauen Trennungskinder eine Beziehung zu Halbgeschwistern auf?
Lass Dein Kind das Tempo für jeden weiteren Schritt bestimmen. Es darf selbst entscheiden, wann es tatsächlich bereit ist zu einem ersten Zusammensein der Halbgeschwister. Achtsame Schritte werden kleine Schritte sein. Schenke Deinem Kind den Freiraum und warte, bis die Zeit reif ist, ein erstes Foto seines Geschwisterkindes anzusehen oder den Namen des Neugeborenen zu hören.
Kinder müssen die neuen Eindrücke und Gefühle erst verarbeiten und suchen dabei oft einen Weg, um im Spiel ganz nebenbei mit anderen über diese neue Situation zu reden. Ein Babypuppe kann hier ein Helfer sein.
Der Anfang von Geschwisterliebe kann auch einen anderen Weg nehmen: Lass Dein großes Kind ein Foto von sich selbst auswählen, damit Du es dann am Bettchen des Geschwisterchens aufhängen und dem neuen Baby vom großen Bruder oder der großen Schwester erzählen kannst. Und wie wäre es, das neue Baby als Anslass zu nehmen, sich einen kuscheligen Platz zu suchen, um mit dem älteren Kind in aller Ruhe alte Fotos von seinem eigenen Start ins Leben anzuschauen und gemeinsam in Deinen Erinnerungen an diese Zeit zu schwelgen?
